Im Dialog

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Oh du fröhliche, oh du selige … digitale Gesundheitswelt. Papier ging verloren, ePa ward geboren, freue, freue dich, oh Kassenarzt.

von Mathias Heinicke

Eine schöne Bescherung haben wir, dank Minister Spahn, auf jeden Fall. Gesundheits-Apps auf Rezept, Videosprechstunden, Patientendaten für die Forschung. Kurz, alles, das gesamte Gesundheitswesen, soll digital werden. Und damit das gelingt, werden all jene, die sich nicht an die TI anschließen lassen eben mit 2,5 Prozent Honorarabzug bestraft. Dumm nur, dass die Industrie – wieder einmal – nicht in der Lage ist, die Geräte in ausreichender Zahl zu liefern. Ein Umstand, der schon erstaunt. Denn die Zahl der kassenärztlich Tätigen ist schließlich überschaubar. Der Markt fest aufgeteilt und keiner der PVS- Kunden hat die Möglichkeit, mal eben den Konnektor von einem anderen Anbieter zu nutzen. Also eigentlich alles kalkulierbar. Auch die wiederkehrenden Bedenken rund um das Thema EDV-Sicherheit werden immer wieder entweder ignoriert oder argumentativ beiseite gewischt: Man möge doch bitte der Zukunft nicht im Wege stehen. „Die Digitalisierung ist da, jetzt wird sie an die Ärzte ausgeliefert“, so lautet eine der Parolen. Auch die Schuldfrage für eventuelle Pannen ist dabei bereits geklärt. Nicht der Staat übernimmt die Verantwortung, auch nicht die Industrie, die uns die black-boxes in unsere Praxen stellt. Nein, wir Psychotherapeuten und Ärzte vor Ort. Warum? Weil es so am einfachsten ist. Auf die paar Wählerstimmen aus der Ärzteschaft kommt es nicht an. In Zeiten des Populismus ist es viel schöner, sich vor die Pressemikrofone zu stellen und zu verkünden, dass man nun endlich die Ärzte zum Arbeiten bringe, indem man 25 Stunden Sprechstunde angeordnet habe. Das bringt Applaus. Genauso wie die öffentliche Ankündigung, alles für den Datenschutz der Patienten tun zu wollen. Wen kümmert es, dass quasi nebenbei eben dieser Datenschutz durch die Änderungen am Paragraph 303 des SGB-V ausgehöhlt wird.

Wir wollen dieser (digitalen) Zukunft nicht im Wege stehen. Ganz im Gegenteil. Wir fordern nur von unseren Volksvertretern, die sich selbst gern als die „große Politik“ bezeichnen, unser Mitspracherecht ein. Und wir fordern: Kassenärzte, Patienten, alle im Gesundheitssystem Beteiligten sollen und müssen ausführlich informiert werden, darüber, wie die Systeme funktionieren, wo welche Daten zu welchem Zeitpunkt lagern und wer auf sie zu welchem Zweck und zu wessen Nutzen Zugriff hat. Damit am Ende nicht doch Huxley recht behält: „Triumphe der Propaganda wurden nicht durch Handeln, sondern durch Unterlassung erreicht. Groß ist die Wahrheit, größer aber, vom praktischen Gesichtspunkt, ist das Verschweigen von Wahrheit.“

Über den Autor

Mathias Heinicke

Seit 2015 Mitglied des bvvp, seit 2018 im Bundesvorstand aktiv. Mit eigener Kassenzulassung in Stuttgart und Schwäbisch Gmünd tätig, Beisitzer im Vorstand des Regionalverbandes Nordwürttemberg. Ich engagiere mich im im BFA der KV Baden-Württemberg und in der Kammer Baden-Württemberg.

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